Dienstag, 24. Dezember 2013

Unser Lehrer"alltag"



Die letzte Unterrichtsstunde ist gehalten, die Stipendienvergabe ist abgeschlossen, und das Theaterstück aufgeführt. Das war übrigens ein voller Erfolg. Wir sind so stolz auf unsere Theatergruppe, die das Stück mit vielen eigenen Ideen zum „ihrem“ Stück gemacht hat!!! Unsere Arbeit ist fast getan – nur die Studenten müssen noch unsere Examen bestehen J Bevor wir in die Weihnachtsferien aufbrechen, wollen wir gerne von unserem ESSVA-Alltag berichten, wenn man das Alltag nennen kann, denn eigentlich bleibt es ein großes Abenteuer.
Der beginnt mit dem Weg zur Uni…
Wir verlassen das Haus und, begrüßen unsere  „Mofo Baol“- (gesprochen: Mufbol) Frauen, die genau vor unserem Haus ihre Köstlichkeiten verkaufen und lassen uns manchmal/meistens dazu verleiten, einen oder zwei oder drei  von diesen superleckeren frittierten Teigbällchen zu kaufen. Je nach Wetter oder Uhrzeit oder Lust und Laune nimmt man dann entweder den Bus oder läuft zur ESSVA. Unter Bus darf man sich aber keinen Bus vorstellen, der einen Zeitplan und Haltstellen hat (bzw. vielleicht hat er die – aber wir haben das System dahinter noch nicht durchschaut) sondern einen mehr oder weniger guten Mercedes Sprinter, den man durch Winken anhält, hinten durch die Doppeltür einsteigt und versucht, sich rein zu quetschen. Ist der Bus zu voll und die Tür geht nicht mehr zu, ist das aber kein Problem, weil der Fahrpreiseinkassierer-Türöffner-Mann einen dann festhält. Wählt man die Lauf-Alternative erlebt man jeden Tag andere 20 Minuten. Vorbei an 100 verschiedenen kleinen Verkaufshütten, die von Handykredit bis Schuhen alles verkaufen, Reifenhändlern,  Gemüseständen, Plastikplanenverkäufern, kleinen Hüttchen aus denen laut madagassischer Hip Hop dröhnt. Und daneben: die Straße -  Pousse-Pousse Fahrer die neben einem herrennen, einen mitnehmen wollen, LKWs genauso wie Fahrräder, Fußgänger, Schlaglöcher, vollbepackte Ochsenkarren, Hühner und hupende Autos. Die letzten hundert Meter läuft man dann auf „der Matschstraße“, einem ungeteerten Weg, der sich bei Regen in einen reißenden Fluss verwandelt und der einen direkt vor das Tor der ESSVA bringt. Vorbei an den Wachposten und rein in die heile ESSVA-Welt, wo es Gärtner gibt, die die Rasenfläche schön halten und die in krassem Gegensatz zum Weg hierhin steht!
Vor dem Unterricht dann lieber nochmal den großen Stundenplan checken, ob sich die Stunden nicht doch vielleicht geändert haben oder ob man wirklich Unterricht hat. Der Stundenplan ändert sich nämlich wöchentlich. Zwischendurch begrüßt man die Lehrer, die Schüler, das Personal, ein bisschen Smalltalk – wir gehören schon richtig dazu! Wenn man die erste Stunde  um 7.45 Unterricht hat kommt man in den Genuss von sehr schönen und mehrstimmig von den Schülern gesungenen Gebeten.
Wenn man etwas organisiert haben möchte an der ESSVA, dann braucht man dafür vor allem viel Geduld und gute Nerven. Egal ob man Kopien für seine Klasse gemacht haben möchte oder Lautsprecher und Beamer für die Theaterprobe leihen will – alles braucht eine lange Anlaufzeit und es sind 1000 kleine Schritte, Unterschriften, Gänge die man machen muss, bevor man das hat was man wollte – wenn man es denn überhaupt bekommt.  ABER auch wenn nicht immer alles so glatt und reibungslos läuft, wie wir das aus Deutschland gewohnt sind,  halt alles einfach ein bisschen länger dauert und man öfter mal nachhaken und rumrennen muss:  am Ende klappt doch immer alles und wir kriegen von den ESSVA-Verantwortlichen  alle Unterstützung die wir brauchen. Alle sind so herzlich und nett und bemüht. Eigentlich wollen wir alle mit nach Hause nehmen – allen voran Monsieur Jean-Paul, der guten Seele aus der Administration, ohne den hier gar nichts laufen würde und der bis jetzt immer alles irgendwie für uns organisiert gekriegt hat!
Zu unseren Aufgaben hier in Madagaskar zählt auch der Besuch an den örtlichen Gymnasien um dort gemeinsam mit dem DAF die Uni und das Stipendienprogramm vorzustellen. Die meisten Gymnasien waren private katholische Gymnasien, an denen eine wahnsinns Disziplin herrscht. Wenn wir den Raum gekommen sind/gegangen sind, sind alle aufgesprungen und haben uns im Chor mit „Bonjour Monsier, Bonjour Madame“ begrüßt. Sehr ungewohnt für uns. Und keinen Muks haben sie gemacht, während wir uns und den Förderverein/das Stipendienprogramm vorgestellt haben und der DAF die ESSVA an sich. Wir haben das Gefühl ,die Gymnasienbesuche kamen gut an, die Vorstellung war auf Französisch, der DAF hat aber die „Fragerunde“ auf Malagasy gehlaten, damit die Schüler genau das fragen können was sie wollten ohne Sprachbarrieren.
Für unsere Hauptaufgabe neben dem Unterricht, die Stipendienvergabe an bedürftige Studenten, haben wir uns viel Zeit dafür genommen.  Wir haben mit dem Rektorat, dem DAF (Finanzbeauftragter) und den Studiengangsleitern über jeden einzelnen Fall gesprochen, über manche auch öfter. In 3 Sitzungen an der Uni mit den anderen und einigen Konferenzen bei uns daheim am Wohnzimmertisch haben wir bei einigen Schicksalen der Studenten schlucken müssen, die Köpfe haben geraucht, aber jetzt sind wir mit dem Erreichten sehr zufrieden und haben die Stipendiengeschichte mit einem guten Gefühl abgeschlossen. Das Geld ist gerecht verteilt und beim Stipendientreffen, das wir organisiert haben, konnten wir dann endlich auch die Studenten kennenlernen, über die wir so viel geredet haben. Bei Burgern und Pommes in der ESSVA-Kantine, extra gemacht von den tollen Restaurant und Hotel Studenten, haben wir mit den Studenten gesprochen, erfahren was sie nach dem Studium für Pläne haben und einfach so ein bisschen geplaudert.  
Und dann war da natürlich noch unsere Wahnsinns-Weihnachtsfeier.  Im Anschluss an das Stipendiatentreffen haben wir für sie, unsere Studenten und unsere Theatercrew eine Feier organisiert. Eigentlich wollten wir sie draußen auf dem Campus feiern, mit Musik, Karaoke, Volleyball und Basketball - aber das Regenzeitwetter hat nicht mitgespielt. Kein Problem für uns – schnell hatten wir ein paar Studenten organisiert die uns alles Equipment – Boxen, Musikanlagen, Mikros, 37,5 kg Chips, 125 L Getränke etc. nach drinnen getragen haben. Da  gab‘s dann einen Tanzraum und einen Karaokeraum. Nach dem das DJ-Problem gelöst wurde (Konflikt: Hochlandmusik vs. Küstenmusik – hört sich harmlos an, aber beim Thema Musik kochen die Emotionen unter den Studenten schnell über) haben alle angefangen zu tanze – aber wie!!! Wir „Weißen“ haben uns zum Glück schon bei einigen Clubbesuchen in Antsirabe vorbereitet und haben uns nicht ganz so steif und unbeweglich gefühlt. Mit den Studenten konnten wir allerdings trotzdem nicht mithalten. Wahnsinn wie gut die sich alle bewegen können. Den ganzen Tag haben wir durchgetanzt, gefeiert, getrunken, gegessen. Allen hat es super gut gefallen und uns am allerbesten. Wir wollen gar nicht daran denken, dass wir unsere Studis bald verlassen müssen.  
Noch ist es ja aber zum Glück nicht soweit. Nach den Ferien sehen wir ja alle nochmal! Aber jetzt heißt es erstmal den Norden von Madagaskar zu erkunden und uns am Strand die Sonne auf den Bauch scheinen lassen. In diesem Sinne: Frohe Weihnachten und einen Guten Rutsch. Bis nächstes Jahr.

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